Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge
Die Lage in der Ukraine wird jeden Tag dramatischer und mittlerweile haben über eine Million Menschen das Land verlassen.
Noch findet der größte Teil der bisher Geflüchteten Schutz in ukrainischen Nachbarländern, wo mit großer Hilfsbereitschaft das menschenmögliche getan wird, um die Geflüchteten unterzubringen und zu versorgen. Es ist jedoch absehbar, dass die Aufnahmekapazitäten in Polen oder der Slowakei bald erschöpft sein werden. Einige tausend Menschen aus der Ukraine befinden sich mittlerweile in Deutschland, wenige davon auch in Hockenheim. Nachdem die Stadtverwaltung im Laufe dieser Woche viele Telefonanrufe und E-Mails erreichten, in deren Rahmen humanitäre Hilfe angeboten und nach weiteren Unterstützungs-Möglichkeiten gefragt wurde, möchte die Stadt diese Gelegenheit nutzen, um über den Stand der Dinge zu informieren.
Sie wollen Geflüchtete aufnehmen oder ehrenamtlich unterstützen?
Unter den folgenden Links können Sie sich entweder als ehrenamtlicher Unterstützer melden oder ein Kontaktformular zur Aufnahme geflüchteter Personen ausfüllen.
Erste Schritte nach Ankunft Geflüchteter aus der Ukraine
„Der Europäische Rat hat sich vorgestern einstimmig geeinigt, dass ein Massenzustrom im Sinne der sog. Massenzustrom-Richtlinie festgestellt wird. Damit steht fest, dass auf Basis eines vereinfachten Antragsverfahrens eine vorübergehende, jedoch voraussichtlich für mindestens ein Jahr geltende Aufenthaltserlaubnis greifen wird“ erläutert Hockenheims Integrationsbeauftragter Konrad Sommer den aktuellen Stand der Diskussionen auf europäischer Ebene. Damit sei auch sichergestellt, dass die Geflüchteten aus der Ukraine einen vollwertigen Anspruch auf Asylbewerberleistungen haben und ihre Versorgung gesichert ist. Zahlreiche Geflüchtete werden sehr wahrscheinlich bei Freunden, Bekannten oder Verwandten in Baden-Württemberg unterkommen. Diese Personen können regelmäßig dort zunächst verweilen. Bei Fragen hinsichtlich des Aufenthaltsstatus sollten sich die Betroffenen an die jeweils zuständige Ausländerbehörde wenden.
Für diejenigen Geflüchteten, die nicht bei Freunden, Bekannten oder Verwandten aufgenommen werden können, ist der erste und wichtigste Schritt, nachdem sie aus der Ukraine im Rhein-Neckar-Kreis angekommen sind, ihre Anmeldung und Registrierung im Patrick-Henry-Village (PHV) in Heidelberg. Nach Auskunft der Stadt Heidelberg ist das PHV für die Erstaufnahme bzw. Registrierung an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr erreichbar. Zuständig für die Unterbringung sind dann jedoch nicht die Städte und Gemeinden des Rhein-Neckar-Kreises, sondern ausschließlich das Landratsamt des Kreises. Wer keine Unterbringungszusage von Verwandten oder Freunden hat, wird vom PHV aus direkt einer der für die vorläufige Unterbringung Geflüchteter eingerichteten Unterkünfte des Rhein-Neckar-Kreises zugewiesen. Die maximale Aufenthaltsdauer dort beträgt nach Maßgabe des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sechs Monate. Von dort aus erfolgt dann eine Weiterleitung in die kommunale Anschlussunterbringung.
„Wir verfügen aktuell noch über gewisse Kapazitäten in unseren Gemeinschaftsunterkünften und wären daher auch recht kurzfristig in der Lage, geflüchtete Menschen aus der Ukraine unter-zubringen“, erklärt dazu Stefan Dallinger, Landrat des Rhein-Neckar-Kreises. Je nach Zustrom könnte es aber sein, dass es erforderlich werde, weitere Wohnheimkapazitäten anzumieten oder andere Lösungen zu finden. Bislang lägen noch keine Prognosen von übergeordneten Behörden vor, wie viele Flüchtende aus der Ukraine (oder anderen Ländern) in Deutschland in den nächsten Tagen, Wochen oder Monaten zu erwarten sind. Nach Abschluss der Registrierung im PHV ist das befristete Bleiberecht und die Versorgung der Geflüchteten in Deutschland für mindestens 180 Tage gesichert. „Nach einem Besuch bei der Ausländerbehörde in Hockenheim kann dieses Aufenthaltsrecht dann auf ein Jahr erweitert werden. Die Vorstellung bei der Ausländerbehörde macht aber erst in ca. drei Wochen ab heute Sinn, da die Entscheidung des Europäischen Rats zum Einsatz der Massenzustrom-Richtlinie erst 48 Stunden alt ist und die administrativen Prozesse und Rahmenbedingungen zu deren Einsatz erst noch definiert und aufgebaut werden müssen“, erläutert Konrad Sommer.
Spenden-Management
„In der vergangenen Woche erreichten uns unzählige Hilfsangebote. Sehr viele Mitbürgerinnen und Mitbürger möchten gerne helfen und sich in dieser Krise nützlich machen. Spontan wurden wirklich beeindruckende Materialsammlungen und Transporte auf die Beine gestellt, Zimmer und Wohnungen sowie Übersetzungsleistungen angeboten“, zeigt Sommer sich tief beeindruckt von der großen Welle der Solidarität. Leider erhält er aber auch Anrufe und Appelle von Hilfsorganisationen, die vor Ort aktiv sind. Verschiedene Hilfsdienste bitten dringend darum, von nicht abgestimmten Sachspenden abzusehen. Stellvertretend für viele andere weist der Landesverband Baden des Deutschen Roten Kreuzes darauf hin, dass die Not der Menschen und damit ihr Bedarf an Unterstützung riesengroß seien. „Damit Hilfe tatsächlich ankommt, bitten uns unsere Schwestergesellschaften sehr eindringlich darum, die stark beanspruchten Logistik- und Hilfeleistungs-Strukturen nicht zu blockieren. Gut gemeinte, aber nicht abgestimmte Lieferungen füllen Lagerhäuser und binden Transport- und Sortierkapazitäten. Sie helfen leider nicht, sie behindern die humanitäre Arbeit vor Ort.“
Zuletzt hätten die Zentralen des Polnischen und Ukrainischen Roten Kreuz in einem Appell an ihre Schwestergesellschaften darauf hingewiesen, dass keinerlei Kapazitäten zur Annahme nicht abgesprochener und nicht angeforderter Hilfslieferungen und Unterstützungsangeboten zur Verfügung stünden. Auch das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IFRK) sowie die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IKRK) hätten darauf hingewiesen, dass unkoordinierte Lieferungen und Hilfe zu einem Infarkt lebenswichtiger Versorgungslinien führten. Der Hockenheimer Integrationsbeauftragte rät deshalb: „Wer helfen möchte, kann sein Ziel am besten mit einer Geldspende erreichen. Vor Ort sind die Hilfsorganisationen mit krisen-erfahrenem und professionellem Personal aktiv. Die betreiben für die meisten Hilfsgüter eigene Vorratslager, die von Logistik-Experten geführt werden. Wenn die merken, dass ihre Lager sich leeren, benötigen sie in erster Linie Geld, um die Lager mit dem tatsächlich benötigten Material wieder aufzufüllen.“ Sommer gefällt die Spenden-Seite des ZDF besonders gut: „Unter diesem Link findet sicherlich jeder eine Organisation seines Vertrauens, denen er oder sie ihr Geld anvertrauen können. Ich bin davon überzeugt, dass das dann der schnellste und effektivste Weg zu echter Hilfe ist.“
Vorläufige Registrierung von Hilfsangeboten durch die Stadt Hockenheim
Zum koordinierten Umgang mit Hilfs- und Solidaritätsangeboten durch Kommunen, Vereine, Initiativen und Privatpersonen entwickelt das Justizministerium kurzfristig ein entsprechendes Melde-Formular, mit dessen Hilfe Unterstützungsangebote an die Stadt- und Landkreise gemeldet werden können. Bis das Verfahren greift, bietet die Stadtverwaltung Hockenheim eine Erfassung der lokalen Hilfsangebote über die E-Mailadresse k.sommer@hockenheim.de sowie die Hotline-Nummer 06205 21-2099 an. Hierüber können sich Bürgerinnen und Bürger registrieren lassen, die gerne Wohnraum, Dolmetscherdienste, Familienbegleitung, besondere Sachspenden oder andere hilfreiche Integrationsleistungen anbieten möchten. Ergänzend weist Konrad Sommer aber auch auf die bereits existierenden Hilfsangebote für Geflüchtete hin: „Selbstverständlich steht das Sachspendenlager des Asylnetzwerks auch Geflüchteten aus der Ukraine offen. Von Fahrrädern über Küchen-Utensilien und –Geräte, Schul- und Spielsachen bis zu Kleidung, die wir in Zusammenarbeit mit der Neulußheimer AWO und dem DRK anbieten, haben wir aktuell Bestände, die für die Erstversorgung sicherlich noch eine ganze Zeit lang ausreichen. Und hier wissen wir auch, dass die Bevölkerung in der Verwaltungsgemeinschaft erfahrungsgemäß schnell und großzügig reagiert, wenn wir Nachschub benötigen.“
Besonderheiten bei der Bereitstellung privaten Wohnraums
Um Missverständnissen vorzubeugen, weist Sommer auch nochmals darauf hin, dass die Verantwortung für die Unterbringung neu ankommender Geflüchteter beim Rhein-Neckar-Kreis liegt und die Stadt sich hier nicht einmischen wird. Er bittet deshalb um Verständnis dafür, dass die Stadt keine Vermittlerrolle übernehmen kann, wenn es um die Aufnahme Geflüchteter in private Räumlichkeiten geht. „Wir nehmen die Wohnraum-Angebote entgegen und leiten die Informationen an den Kreis weiter. Weder Kreis noch Kommune sind in der Lage, die Räumlichkeiten anzumieten und die Geflüchteten dann in diese Wohnungen einzuweisen. Dieses kann nur auf Basis eines privaten Mietvertrags zwischen dem Anbieter und den Geflüchteten funktionieren. Kreis und Stadt können auch nicht haften für eventuelle Schäden, die an der Mietsache entstehen“, führt Sommer weiter aus. Es könne auch nicht Sinn der Sache sein, dass ein gutmeinender Wohnraumanbieter eine Familie aufnimmt, deren Kinder auf Grund der Fluchterfahrung eventuell traumatisiert sind. Nachdem der Vermieter feststellt, dass die Kinder auf Grund der Traumatisierung nachts vielleicht häufiger laut weinen, möchte er sie vielleicht doch lieber wieder loswerden und bringt sie zum Rathaus. „Dann müssten wir die Familie als Obdachlose behandeln und im schlimmsten Fall im Hofweg unterbringen. Damit ist niemandem geholfen und die Unterbringung in einer Kreisunterkunft wäre dann sicherlich die bessere Alternative für alle Beteiligten gewesen. Wir schätzen die überwältigende Hilfsbereitschaft der Hockenheimer Bevölkerung wirklich sehr. Aber mit jedem Unterstützungsangebot übernimmt der Anbieter auch ein Stück weit persönliche Verantwortung. Und das wiederum setzt voraus, dass man sich die Möglichkeit des Eintretens eines Szenarios, wie wir es gerade beschrieben haben, bewusst macht.“
Fahrzeuge von Geflüchteten
Das Bundesministerium für Justiz (BMJ) und das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) haben mitgeteilt, dass es vertretbar sei, bis zum 31. Mai 2022 von einer Strafbarkeit nach § 9 Abs. 1 des Gesetzes über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (AuslPflVG) für den Gebrauch nicht versicherter ukrainischer Pkw abzusehen. Sollte dennoch eine Strafbarkeit oder ein ordnungswidriges Verhalten festgestellt werden, bestehe die Möglichkeit zur Einstellung des entsprechenden Verfahrens aus Opportunitätsgründen.
Für den Zeitraum nach dem 31. Mai 2022 haben sich die deutschen Kfz-Haftpflichtversicherer bereiterklärt, den Haltern von in der Ukraine zugelassenen Fahrzeugen die Möglichkeit zum Abschluss eines befristeten Versicherungsschutzes nach dem AuslPflVG für bis zu maximal einem Jahr anzubieten. Die konkreten Vertragskonditionen obliegen dabei im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften der Vertragsfreiheit und der Entscheidung des jeweiligen Versicherers.
Beschriftung von Briefkästen
Seitens des Ordnungsamtes wurde mitgeteilt, dass viele Postsendungen an Geflüchtete aus der Ukraine als unzustellbar zurück an das Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis gesandt werden. Dies kann daran liegen, dass die Personen zwischenzeitlich verzogen sind. Aufgrund der schieren Masse an Rücksendungen drängt sich indes auch der Eindruck auf, dass viele Sendungen zurückkommen, da die Briekästen nicht mit entsprechenden Namen beschriftet sind. In diesem Zusammenhang bitten wir darum, die in Ihren Städten und Gemeinden untergebrachten Personen schon im Rahmen der melderechtlichen Anmeldung auf das Erfordernis der Beschriftung eines Briefkastens hinzuweisen.
**Update, 02.06.2022
Das Landratsamt passt ab dem 7. Juni die Öffnungszeiten seines am 14. März eröffneten „Service-Point Ukraine“ im Czernyring 22/12 in Heidelberg (Jobcenter Rhein-Neckar-Kreis) an, um auch in den späteren Nachmittagsstunden Sprechzeiten anbieten zu können.
Ab Dienstag, 7. Juni, ist der Service-Point montags und mittwochs von 7.30 bis 17 Uhr sowie dienstags, donnerstags und freitags von 7.30 bis 12 Uhr geöffnet. Hier können aus der Ukraine geflüchtete Menschen Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels abgeben sowie mit den Mitarbeitenden des Landratsamtes grundsätzliche Fragen, etwa zur Leistungsgewährung und Unterbringung, besprechen.
Informationen aus dem Rhein-Neckar-Kreis
Auch der Rhein-Neckar-Kreis hat eine Infoseite mit aktuellen Neuigkeiten zum Ukraine-Konflikt eingerichtet.
Infoseite des Rhein-Neckar-Kreises